Artur Becker

Hinter den Säulen des Herakles

Gedichte

(Auszug) © Parasitenpresse, Köln 2023

»Der MEISTER hat, mit tiefem Blick, auf seinen Schritten Das ruhelose Wunder des Gartens Eden besänftigt, Dessen letzter Schauer, in seiner Stimme allein, Für ROSE und LILIE eines Namens Geheimnis erweckt. Ist denn von diesem Schicksal nichts das bliebe? Nein. O ihr alle! vergesst einen finsteren Glauben. Der strahlende Genius, der unsterbliche, hat keinen Schatten.«  

Trinkspruch auf einen Verstorbenen
(Übertragen von Hans Staub und Anne Roehling) Stéphane Mallarmé 

1

Hinter den Säulen des Herakles
geht die sichtbare Welt nicht unter,
»obwohl sie vielleicht untergeht!«, sagen unsere Propheten
und manchmal Fußballstadien voller blinder Brüder,
die einen Schrei in politische Fetzen reißen können,
denn es wird immer irgendein tausendjähriges Reich geben,
welches mit »reinem« Blut bewässert werden muss.
Wirklich?
Wundere Dich also nicht über irgendjemanden
oder irgendetwas,
Du Einfallsreicher, Vollkommener, Unbegreiflicher
und allzu oft Kleiner, Gemeiner, Degenerierter,
der Du zum Beispiel jetzt oder gestern gestorben bist,
denn dort ` hinter den Säulen des Herakles `
steckt keine Neugeburt,
und niemand erteilt dort jemandem Vergebung,
Atlantis taucht dort nicht auf ` aus den kosmischen Ozeanen `
und wird nicht wiedergeboren.
Und der Gesang der Erde hat andere Quellen,
Ingenieure und Scharlatane spielen einfach zusammen Karten,
obwohl sie denken, dass sie stets ein makelloses
Wissen verwaltet haben,
und hinter ihren Rücken fahren die Fischer aufs Meer hinaus,
die Sklaven der Angst und Verschwörungstheorien schreiben
in ihren Blogs über eine neue Apokalypse ` so geschieht von
Ewigkeit her nur eines: die Suche nach der Zukunft, und
das ist eine ziemlich mühselige Arbeit verängstigter Bienen
und ihrer Swastiken, Kreuze, Halbmonde ` aber auch
eine mühselige Arbeit der Eigenbrötler, der Arianer und
anderer Brüder aus der verbrannten Schule des Origenes und
Giordano Brunos ` und wer und was und warum das so ist,
der ` der an nichts mehr glaubt `, der sollte es wenigstens
in Wikipedia nachlesen, und so wird Brutus immer irren:
für Dante ein miserabler Barbar, für Shakespeare ein Erlöser,
denn in Wahrheit ist niemand dazu imstande,
den Dictator in perpetuum zu töten,
seine grüne Marmorbüste zu zerschmettern `
das Böse ist nämlich unsterblich.

2

Hinter den Säulen des Herakles endet das blödsinnige Geschwätz
(wie man im Polnischen sagt: über Marynias Arsch),
Christus nimmt kein Blatt vor den Mund ` kein einziger Christus,
er legt Dir keine wundertätigen Hände mehr aufs Gesicht,
allerdings kann jeder von uns wieder gesund werden,
Söhne kommen zurück, Töchter kommen zurück aus dem Krieg
und manchmal werden sie nie wieder zurückkehren `
Konzentrationslager schließt man in Museen ein ` auf alle
Ewigkeit ` und baut neue auf, wenn man es wieder darf, und diese
Diktatoren-Kommandanten-Mörder sind zugegebenermaßen
wenige, aber sie ändern nie ihre Taten und Neigungen, weil ihr
Böses vollkommen ist, und dann müht sich das heilige Feuer
alptraumhafter Teilchen der kritischen Masse weiter ab, da so auch
der Tod ganzer Völker sein kann und die Vernichtung, obwohl sie
Heilige Bücher und Heldensagen geschrieben haben, mein lieber
Krishna, Adam Kadmon und Heiliger Paulus, John Lennon.

 

 

(…)
Copyright Parasitenpresse, Köln 2023.

 

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